„Patienten mit PTLD sind nicht mehr infektiös“, erklärt Rachow. „Doch sie leiden an erheblichen Folgeschäden, medizinisch und sozial.“ Tuberkulose kann Narben in den Lungen hinterlassen, die zu einem eingeschränkten Lungenvolumen führen und das Risiko für Atembeschwerden erhöhen. Post-Tuberkulose kann sich auch als anhaltender Husten, Auswurf und Luftnot äußern. Viele Menschen können aufgrund solcher Beschwerden nicht mehr im selben Maße arbeiten und am sozialen Leben teilnehmen wie vor ihrer Erkrankung. Kinder von Eltern mit Post-Tuberkulose zeigen einen Abfall ihrer bisherigen schulischen Leistungen; ihre Bildungschancen schwinden. So lauten zentrale Ergebnisse der Studie „TB Sequel I“ (Tuberculosis Sequelae, Tuberkulose-Folgen).
Doch wie gelingt es, Betroffenen zu helfen? Genau hier setzen die Projekte TB Sequel I und TB Sequel II an, die von Rachow und Mitarbeitenden zusammen mit dem Aurum Institute in Südafrika und sechs weiteren Forschungsinstitutionen in Deutschland und in Subsahara-Afrika durchgeführt werden.
„Als wir begonnen hatten, die erste Studie zu planen, gab es noch nicht einmal einen einheitlichen Begriff für Beschwerden nach einer Tuberkulose“, erinnert sich Rachow. „Wir wollten verstehen, welche langfristigen pulmonalen Folgen die Krankheit hat.“ Weitere Fragen sind: Welche Komplikationen, etwa Superinfektionen, gibt es? Müssen Patientinnen und Patienten mit diesem Krankheitsbild öfter medizinisch behandelt werden? Sterben einige von ihnen in Zusammenhang mit der PTLD?
Insgesamt 1.500 Teilnehmende wurden zum Zeitpunkt der TB-Diagnose in die Kohorte aufgenommen. „Wir beobachten sie jetzt schon im fünften bis siebten Jahr“, berichtet Rachow. Das Team konnte bestätigen, dass selbst mehrere Jahre nach der akuten Erkrankung bis zu 25 Prozent der Studienteilnehmer moderate bis schwergradige Einschränkungen der Lungenfunktion aufweisen. „Zusätzlich sammeln wir Blut- oder Sputumproben, um immunologische Parameter darin zu bestimmen und zu verstehen, welche inflammatorischen Prozesse am Krankheitsprozess beteiligt sind, vor allem bei einem chronischen Verlauf.“
In diesem Zusammenhang wird untersucht, ob N-Acetylcystein (NAC), ein Wirkstoff, der als Hustenlöser zugelassen ist, auch bei PTLD von Nutzen sein könnte. Eine kleine Pilotstudie hat entsprechende Hinweise geliefert. N-Acetylcystein zeigt antientzündliche Effekte und fängt schädliche Sauerstoffradikale ab. Rachow: „Wir hoffen, dass es unter NAC-Therapie im Verlauf einer TB-Erkrankung zu weniger Gewebeschädigungen und daraus resultierenden Funktionseinschränkungen in der Lunge kommt.“
Neben medizinischen Aspekten geht es bei TB Sequel II auch um ein besseres Verständnis von ökonomischen Auswirkungen, wie die Zunahme von schwerer Armut bei Patienten und Familien, die von TB und PTLD betroffen sind. Untersucht werden auch soziologische Folgen, etwa die Ausgrenzung von Patienten mit PTLD. Nicht zuletzt geht es auch um die mit PTLD verbundenen Kosten für Gesundheitssysteme.