Ein Gesetz für die Fortpflanzungsmedizin
Das ist der Augenblick, in dem Leben entsteht: Unter dem Mikroskop wird ein Spermium direkt in die Eizelle injiziert. Der medizinische Fachbegriff dafür ist Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI), eine Form der künstlichen Befruchtung. Eine andere Methode ist die In-vitro-Fertilisation (IVF), bei der die Spermien in einem Reagenzglas selbst den Weg zur und in die Eizelle finden.
Am Klinikum der Universität passiert das im Kinderwunschzentrum etwa 400 mal im Jahr, bundesweit werden heute pro Jahr 80.000 künstliche Befruchtungen durchgeführt. Umso erstaunlicher, dass rechtlich dabei wenig geregelt ist. Das Embryonenschutzgesetz stammt von 1990 und ist damit fast dreißig Jahre alt. Es erfasst viele neue reproduktionsmedizinische Entwicklungen nicht, was die Fortpflanzungsmediziner nicht selten zu einer dem heutigen internationalen Stand nicht mehr angemessenen Behandlung zwingt und zu unnötigen Risiken für Mutter und Kind führen kann.
Darüber hinaus wird das Embryonenschutzgesetz auch dem gesellschaftlichen Wandel und der Vielfalt heutiger Familienformen nicht mehr gerecht. „Wir brauchen dringend ein Fortpflanzungsmedizingesetz in Deutschland“, sagt deswegen Prof. Dr. Christian Thaler, der Leiter des Kinderwunschzentrums. Der Gynäkologe ist Mitglied einer Expertengruppe, die Eckpunkte für ein solches Gesetz erarbeitet. Themen darin sind unter anderem die Eizellspende für Frauen nach einer Krebsbehandlung, der Umgang mit überzähligen Embryonen, oder auch der Umgang mit Kindern, die im Ausland von einer Leihmutter ausgetragen wurden, aber in Deutschland leben.