Kinderherzchirurgie
Vorgeburtliche Informationen
Immer häufiger werden Herzfehler durch Ultraschall bereits im Mutterleib entdeckt. Nach dem ersten Schrecken häufen sich die Fragen:
• Wie schwer ist der Herzfehler?
• Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
• Wie hoch ist das Risiko? Oder auch: Soll die Schwangerschaft ausgetragen werden?
• Ist das Kind in der Schwangerschaft gefährdet?
Grundsätzlich ist das Kind im Mutterleib – abhängig vom Herzfehler – nicht gefährdet. In vielen Fällen kann auch eine Spontangeburt erfolgen.
Vorteilhaft bei Herzfehlern, die einer frühen Behandlung bedürfen oder kompliziert sind, ist eine sofortige Untersuchung nach der Entbindung mit Ultraschall. Daher ist eine Entbindung in der Nähe einer Neugeborenen-Intensivstation (Neonatologie) und einer Kinderkardiologie empfehlenswert.
Optimal ist eine Entbindung in einer Klinik, in der diese Einrichtungen rund um die Uhr unter einem Dach verfügbar sind. Die Versorgung von Mutter und Kind sowie Absprachen durch alle Fachkräfte können hier ohne Zeitverlust erfolgen. Außerdem sind Gespräche mit den Eltern vor Ort und ohne Umwege durchführbar und sie können schnell und jederzeit zu ihrem Kind.
Diagnose
In den meisten Fällen lässt sich die Komplexität des Herzfehlers bereits im Mutterleib vor der 20. SSW mit einer fetalen Echokardiographie einschätzen.
Für die werdenden Eltern kann es von großer Bedeutung sein, wenn bereits zu diesem Zeitpunkt die Spezialisten der Klinik mit den Kinderherzchirurgen hinzugezogen werden, um therapeutische Maßnahmen nach der Geburt zu diskutieren und eventuell zu planen.
Nach der Geburt muss die Diagnose in jedem Fall durch erneute Echokardiographie und gegebenenfalls auch durch eine Herzkatheteruntersuchung oder ein CT bzw. ein MRT bestätigt werden, bevor ein chirurgischer Eingriff erfolgt.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es und wie hoch ist das Risiko?
Viele Herzfehler lassen sich heute chirurgisch vollständig korrigieren; das Risiko des Eingriffes liegt meist unter 5%.
Allerdings verzeichnet man bei einigen wenigen Herzfehlern ein Operationsrisiko von über 10% (oft bei Kindern mit HLHS und SV-Funktion).
In Einzelfällen wird ein Schwangerschaftsabbruch in Betracht gezogen oder auch im Sinne des Neugeborenen (d.h. aufgrund der erwartbar geringen Lebensqualität wie bei Trisomie 18 oder Trisomie 13) entschieden, von einer Behandlung nach der Geburt abzusehen.
Wir bieten Ihnen umfassende kinderherzchirurgische Beratung an, um Ihnen bei Ihrer Entscheidung zu helfen und durch sachliche Information Ihre Ängste zu mindern. Da wir im Hause alle Therapieformen anbieten, beraten wir offen, akzeptieren und unterstützen jede Entscheidung der Eltern. Ein Besuch der Kinderstation ist gleichzeitig möglich.
Die Kinderstation / Psychologische Unterstützung
Das Leben mit einem Herzfehler ist nicht nur für das betroffene Kind, sondern auch für die gesamte Familie eine große Belastung. In unserer Klinik bieten wir daher betroffenen Eltern jede nur erdenkliche Unterstützung und damit auch eine profunde psychologische Betreuung an.
In einem regelmäßig stattfindenden Gesprächskreis haben Eltern transplantierter Kinder und Wartepatienten die Gelegenheit, mit Ärzten und Psychologen all die Fragen und Themen zu diskutieren, die sie beschäftigen. Darüber hinaus steht neben den geschulten und besonders erfahrenen Psychologen jedes einzelne Mitglied unseres Teams für Gespräche und einen intensiven Austausch zur Verfügung.
Die Kinderstation und die Unterbringung der Eltern
Viele Eltern müssen für den operativen Eingriff ihres Kindes von weit her anreisen, oft auch aus dem Ausland. In diesen Fällen haben wir die Möglichkeit der Unterbringung im Ronald McDonald-Haus, welches sich auf dem Krankenhausgelände befindet.
Die Zimmer sind einfach und freundlich gehalten und die Mitarbeiter sind sehr herzlich. Da sich im Ronald McDonald-Haus vor allem Eltern herzkranker Kinder (Herzkinder) aufhalten, ist das Haus gleichzeitig ein Treffpunkt für Betroffene, die sich durch den Austausch untereinander oft gegenseitig helfen und unterstützen können.
Bitte wenden Sie sich mit Fragen zur Unterbringung jederzeit an unser Team.
Chirurgische Behandlungsprinzipien
Von der Korrektur bis zur Palliation
Unsere Behandlungsprinzipien richten sich nach evidenz-basierten Empfehlungen der internationalen Richtlinien.
Grundsätzlich wird eine möglichst frühzeitige Korrektur der Herzfehlbildungen angestrebt. Korrektur bedeutet die Herstellung normaler Kreislaufverhältnisse. Wann immer möglich, sollten durch die Korrektur auch normale anatomische Verhältnisse geschaffen werden, um die Lebensqualität zu verbessern. Lebensqualität bedeutet, zu leben, ohne an die Krankheit denken zu müssen, bzw. dadurch beeinträchtigt zu sein. Das betrifft Kind und Eltern gleichermaßen.
Als Behandlungsbeispiele sind die Zweikammer-Korrektur bzw. für eine Palliation die Einkammer- und Eineinhalbkammer-Operationen zu nennen.
Palliative Eingriffe
Palliative Operationen werden möglichst vermieden. Palliation bedeutet in der Kinderherzchirurgie das Hinzufügen eines weiteren Fehlers zu einem bereits bestehenden Herzfehler, um den kardio-respiratorischen Zustand der Patienten zu stabilisieren. Die fehlerhafte Kreislaufsituation bleibt dabei bestehen. Diese belastet zusätzlich Herz und Kreislauf (durch Druck- und Volumenbelastung). Außerdem muss bei einer eventuellen späteren Korrektur die Palliation, die meist aus einem AP-Shunt (Gefäßprothese zwischen Körper- und Lungenschlagader) oder einer Bändelung der Lungenschlagader (PAB) besteht, wieder aufgehoben und korrigiert werden. Die psychische Belastung durch mehrere Operationen und durch das Hinausschieben der eigentlichen Korrektur ist bei palliativen Schritten in der Regel größer.
Als Beispiele seien hier die Fallot´sche Tetralogie, die Pulmonalatresie mit VSD (extremer Fallot) und der Atrioventrikularkanal genannt. Palliative Eingriffe sind heute noch in einzelnen Fällen als AP-Shunt nötig, um eine kontrollierte Lungendurchblutung zu gewährleisten. Dies betrifft vor allem das Einkammer-Herz (Beispiel: Norwood-Operation). Extreme Zurückhaltung ist bei der PAB geboten. Diese sollte vor allem bei Einkammer-Herzen nur in ausgewählten Ausnahmesituationen erfolgen, da sie zu einer Verdickung der Herzkammer mit Funktionsstörung bei der Fontan-Operation führen kann. Ebenfalls nur in Ausnahmefällen ist eine PAB bei seltenen VSD-Formen indiziert (Swiss-Cheese-Defekt).
Herzklappenersatz
Bei komplexen Fehlbildungen ist oft die Verwendung von „Ersatzteilen“ erforderlich. Für Klappen werden vor allem Homografts und Rindervenenklappen (Contegra®) verwendet. Homografts sind menschliche Klappen, die tiefgefroren gelagert, und auch dezellularisiert (ohne Zellen) bearbeitet werden können.
Prinzipiell versucht man diese biologischen Klappen zu verwenden; nur in Ausnahmefällen kommen auch mechanische Klappen zum Einsatz.