Plastische Lid- / Orbitachirurgie
Was versteht man unter Plastisch-rekonstruktiver Chirurgie in der Augenheilkunde?
Die Plastisch-rekonstruktive Chirurgie befasst sich mit Veränderungen und Erkrankungen der Augenlider und der angrenzenden (periorbitalen) Gesichtsregion, Erkrankungen der Augenhöhle (Orbita) sowie der Tränenwege. Hierzu gehören nicht nur plastisch-ästhetische Eingriffe, sondern auch die Korrekturen von angeborenen oder erworbenen Lidfehlstellungen sowie die Behandlung von Lidtumoren.
Was sind die vorrangigen Ziele unserer Arbeit im Gebiet der Plastisch-rekonstruktiven Chirurgie?
- Beratung des Patienten (basierend auf sorgfältiger Anamnese und eingehender Untersuchung)
- Indikationsstellung zur konservativen oder chirurgischen Therapie gemeinsam mit dem Patienten
- Durchführung chirurgischer Eingriffe durch ein erfahrenes OP-Team
- Betreuung des Patienten postoperativ
Welche Erkrankungen behandelt die Plastisch-rekonstruktive Lid- und Orbitachirurgie?
Die Sektion „Plastisch-rekonstruktive Chirurgie“ an der Augenklinik des LMU Klinikums bietet das gesamte Spektrum der Okuloplastischen Chirurgie im Bereich der Augenlider, der Orbita und der Tränenwege an. Es werden sowohl funktionsverbessernde plastisch-rekonstruktive Eingriffe mit dem Ziel bestmöglicher Funktion und gutem ästhetischem Erscheinungsbild als auch plastisch-ästhetische Eingriffe sowie die Tumorchirurgie durchgeführt.
Die chirurgische Therapie erfolgt ambulant oder stationär, abhängig von Komplexität und Risikoprofil des Eingriffs.
Was versteht man unter einer interdisziplinären Behandlung?
Bei fachübergreifenden Erkrankungen erfolgen Behandlung und Betreuung des Patienten in enger Zusammenarbeit mit Fachkollegen anderer medizinischer Disziplinen („interdisziplinär“). Zu diesen Disziplinen zählen wir die Innere Medizin (Endokrinologie), Mund, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, die Neurochirurgie, die Dermatologie (Hauterkrankungen) sowie die Radiologie und Radiotherapie.
Augenlider haben für die Integrität des Auges, gute Sehkraft und das Erscheinungsbild des Gesichts eine große Bedeutung. Viele Menschen denken beim Augenlid zuerst an das Aussehen und wünschen sich auch im fortgeschrittenen Lebensalter straffe, jugendliche Augenlider. Hierbei ist jedoch immer auch die einwandfreie Funktion der Lider zu berücksichtigen, ein Aspekt, der leider häufig unterschätzt wird; Augenärzten liegt dieser Aspekt besonders am Herzen.
Die Augenhöhle (Orbita) ist der knöchern begrenzte Raum im Gesichtsschädel, der das Auge mit seinen Nerven, Augenmuskeln, der Tränendrüse sowie Fett- und Bindegewebe beherbergt. Auf engstem Raum liegen hier sehr delikate und funktionell wichtige Strukturen beieinander, in unmittelbarer räumlicher Nähe zu den Nasennebenhöhlen und dem Gehirn.
Die Tränenwege dienen der Ableitung der Tränenflüssigkeit in die Nase; ein Verschluss der Tränenkanäle oder des Tränensacks führt zu einem Rückstau und damit zu einem mehr oder weniger störenden Tränenträufeln (Epiphora).
Die Tränendrüse liegt verborgen hinter dem knöchernen Jochbein im oberen äußeren Teil der Augenhöhle und ist normalerweise weder sichtbar noch tastbar. Sie produziert gemeinsam mit kleinen, verteilt in der Lidregion liegenden zusätzlichen akzessorischen Tränendrüsen wässrige Tränenflüssigkeit, die der Benetzung des Augapfels dient.
Lidfehlstellungen können angeboren sein oder im Laufe des Lebens durch Erkrankungen, Unfälle oder Alterungsprozesse erworben sein und so die Funktion des Auges beeinträchtigen. Tiefstehende Oberlider (Ptosis) bedrohen bei Kindern die Entwicklung eines normalen Sehvermögens (Amblyopie), eine Verkippung der Lidkante nach innen (Entropium) oder außen (Ektropium) verursachen Schmerzen und schädigen das Auge. Eine Erschlaffung der Lidgewebe kann zu „Schlupflidern“ (Dermatochalasis) führen, die ästhetisch störend, aber auch funktionell beeinträchtigend sein können.
Lidtumoren sind meist gutartig, können aber auch bösartig (maligne) sein, ohne dem Patienten zu Beginn Beschwerden oder Schmerzen zu bereiten. Sie können durch ihr Wachstum und der damit verbundenen Zerstörung wichtiger Strukturen jedoch große Bedeutung für das Sehen und sogar das Überleben des Patienten haben. Bei der Behandlung dieser Tumoren ist die feingeweblich (histologisch) kontrollierte, vollständige Entfernung des Tumors die erste Option. Einem erneuten Wachstum (Rezidiv) mit Eindringen in tiefer gelegene Strukturen kann damit am besten vorgebeugt werden.
Die Behandlung von Erkrankungen der Augenhöhle (Orbita) stellt einen Schwerpunkt an unserer Klinik dar. Hierzu gehören Diagnostik und Therapie von Tumoren der Augenhöhle, die Behandlung von Verletzungsfolgen, die chirurgische Versorgung der Augenhöhle nach Entfernung eines Auges (Enukleation) und deren Folgen (Postenukleationssyndrom).
Die chirurgische Rehabilitation bei „Endokriner Orbitopathie“ (Morbus Basedow) mit Operationen zur Dekompression der Orbita sowie Augenlidkorrekturen erfordern große Erfahrung.
Ursache für ein tränendes Auge ist häufig ein Verschluss der ableitenden Tränenwege, der im Bereich der Tränenkanälchen, des Tränensacks oder in der Nase liegen kann. Diagnostik und chirurgische Therapie bei Tränenwegserkrankungen, einschließlich moderner endoskopischer Methoden, zählen ebenfalls zum Arbeitsgebiet der Plastisch-rekonstruktiven Lid- und Orbitachirurgie.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit
ORBITA-KONSIL
Regelmäßig führen wir ein interdisziplinäres Konsil zur Diagnosefindung und Therapieplanung bei Patienten mit komplexen Erkrankungen der Orbita gemeinsam mit Kollegen aus Radiologie, Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde (HNO), Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie (MKG), Neurochirurgie und Strahlentherapie durch.
SPEZIALSPRECHSTUNDE ENDOKRINE ORBITOPATHIE
Seit über einem Jahrzehnt werden an der Augenklinik des LMU Llinikums interdisziplinäre Sprechstunden gemeinsam mit ausgewiesenen Endokrinologen (Prof. Roland Gärtner, Dr. Ulrike Disko) gemäß den Vorgaben der EUGOGO regelmäßig durchgeführt. Beraten werden Patienten mit besonders schwerem oder hartnäckigem Krankheitsverlauf; die Therapie wird individuell abgestimmt besprochen und geplant.
Die Augenklinik des LMU Klinikums ist eines der voll akkreditierten EUGOGO-Centren in Europa (European Group of Graves´ Orbitopathy - www.eugogo.eu).
Klinische Untersuchung
Bei Bedarf weiterführende Diagnostik:
Bildgebende Verfahren (in Zusammenarbeit mit dem Institut für Radiologische Diagnostik der LMU)
- Ultraschall-Untersuchung (im Hause)
- Dünnschicht-Computertomographie (CT)
- Magnetresonanztomographie (MRT)
- Positronenemissionstomographie (PET/CT)
Funktionsdiagnostik
- Orthoptische Untersuchung (Orthoptik, Prof. Ehrt/Prof. Rudolph)
- Gesichtsfelduntersuchung
- Nervenfaseranalyse
- Farbseh-Tests
- Elektrophysiologische Untersuchungen (z.B. VEP)
Lidtumore
Lidtumore sind Geschwulste, die sich an den Lidern (Ober- oder Unterlid) oder deren Umgebung bilden. Hierbei kann es sich sowohl um gutartige (benigne) als auch bösartige (maligne) Tumoren handeln.
Gerade bei Menschen im fortgeschrittenen Lebensalter muss gehäuft auch mit bösartigen Tumoren im Lidbereich gerechnet werden muss. Hinweiszeichen auf eine solche Veränderung sind mehr oder weniger erhabene Knoten, oft schlecht abgrenzbar zur Umgebung, Wimpernverlust, auffällige Gefäßbildungen und eine spontane Blutungsneigung. Für die Lider typische maligne Lidtumore sind in absteigender Häufigkeit Basaliom, Plattenepithelkarzinom, Meibomdrüsenkarzinom, Melanom und Merkelzellkarzinom.
Trotz zahlreicher nicht-chirurgischer Behandlungsalternativen in anderen Körperregionen ist an den Augenlidern die histologisch kontrollierte, chirurgische Tumorexzision nach wie vor die Methode der ersten Wahl. Bei histopathologisch bestätigter Tumorfreiheit erfolgt die Rekonstruktion - kleinere Liddefekte können durch direkten Wundverschluss wiederhergestellt werden, größere Defekte werden durch Verschiebelappenplastiken und freie Gewebetransplantation z.B. mit Haut, Tarsus, Mundschleimhaut oder hartem Gaumen, gegebenenfalls in Kombination, versorgt. Alter des Patienten, Beschaffenheit des Gewebes und Sehvermögen werden berücksichtigt. Vorzugsweise kommen Verfahren zum Einsatz, die Gewebe aus der unmittelbaren Umgebung des Defekts verwenden nach dem Leitsatz: „Lidgewebe sind der beste Lidersatz“. Fremdmaterialien sind in den dünnen und filigranen Lidstrukturen wegen der möglichen Komplikationen generell ungeeignet.
Auf Grund des breiten Spektrums der Lidtumore sollten Veränderungen an den Augenlidern unbedingt immer augenärztlich begutachtet werden.
Gutartige Lidtumore
Hierzu zählen unter anderem entzündliche Veränderungen, wie Gerstenkorn (Hordeolum), Hagelkorn (Chalazion) und Granulom, Fettablagerungen (Xanthelasma) oder Warzen, jedoch auch Keratosen und Muttermale (Nävus).
Nicht alle gutartigen Lidtumore erfordern zwingend eine Entfernung. Die Indikation zur Operation richtet sich nach der funktionellen und ästhetischen Beeinträchtigung des Patienten. Die Behandlung richtet sich nach Art des Tumors und umfasst neben der chirurgischen Exzision auch Laser- oder Kältetherapien. Sie kann zumeist ambulant in lokaler Betäubung durchgeführt werden. Bei unklaren Befunden kann zunächst eine Probeentnahme erfolgen, um festzustellen, ob es sich um einen gut- oder bösartigen Tumor handelt. Die chirurgisch entfernte Geschwulst wird anschließend immer feingeweblich (histopathologisch) untersucht, um einen bösartigen Tumor ausschließen zu können.
Bösartige Lidtumore
Als eine Ursache für die Entwicklung von bösartigen Lidtumoren gilt starke Sonnenexposition. Als sogenannte „Sonnenterrassen“ sind die Augenlider, neben anderen Gesichtspartien, Prädilektionsstellen für UV-induzierte Hautveränderungen, die sich direkt - wie das Basaliom, oder über Vorstufen zu bösartigen Tumoren, wie dem Plattenepithelkarzinom entwickeln können. Bei Verdacht auf einen bösartigen Lidtumor erfolgt, je nach klinischem Befund, entweder zunächst eine Probeentnahme, um den Befund zu bestätigen oder - bei eindeutigen klinischen Zeichen - eine sogenannte zweizeitige Exzision. Bei dieser Methode wird in einer ersten Operation der Tumor mit einem definierten Sicherheitsabstand zum umliegenden Gewebe entfernt und markiert. Das entfernte Gewebe wird histopathologisch untersucht, um sicherzustellen, dass der Tumor vollständig („im Gesunden“) entfernt wurde. Sollte sich noch Resttumorgewebe im Lid befinden, muss dieses zunächst vollständig entfernt werden, bevor anschließend die Rekonstruktion des entstandenen Defektes erfolgen kann. Im Vordergrund steht hier das funktionelle Ergebnis, aber auch ein ansprechendes ästhetisches Ergebnis liegt uns sehr am Herzen.
Was Sie beachten sollten:
Jegliche Veränderungen an den Augenlidern, wie Erhebungen, Verfärbungen, Verschorfungen, Blutungen, Irregularitäten der Lidkante oder ein Verlust der Wimpern, sollten frühzeitig von einem Augenarzt untersucht werden. Häufig werden kleine Veränderungen wie „Pickelchen“ oder „schlecht heilende Wunden“ an den Lidern durch die Patienten bagatellisiert. Insbesondere das Basaliom wuchert unter der Oberfläche der Haut, sodass zunächst äußerlich nur eine kleine Veränderung zu bemerken ist. Umso wichtiger ist hier eine frühe Diagnose. Auch Ihnen schon bekannte Muttermale der Lider müssen bei einer Veränderung ihres Erscheinungsbildes unbedingt fachärztlich abgeklärt werden.
Therapie von Tumoren der Lider, Orbita und Tränenwege
Chirurgie
Bei malignen Tumoren, insbesondere wenn diese ungünstig lokalisiert, ausgedehnt oder nach Vorbehandlung erneut gewachsen sind (Rezidiv), wird die zweizeitig histologisch-kontrollierte Exzision durchgeführt. Der Wundverschluss bzw. die Rekonstruktion des Defektes erfolgt dabei erst nach der histologischen mikroskopischen Untersuchung des Gewebepräparates mit seinen Schnittkanten. Damit wird die Sicherheit für eine vollständige Heilung erhöht und das Risiko für ein Rezidiv minimiert. Für die präzise Beurteilung, inwieweit nach der Entfernung eines Tumors das verbliebene Gewebe tumorzellfrei ist, können wir uns an unserer Klinik auf die Arbeitsgruppe für Ophthalmohistopathologie (Prof. Messmer) stützen, mit der wir eng zusammenarbeiten.
Kryotherapie
Eine Kältebehandlung (Vereisung) ist nur in seltenen Ausnahmen angebracht, da sie gegenüber einer chirurgischen Behandlung kaum Vorteile, jedoch eine Reihe gravierender Nachteile in sich birgt.
Argonlaser, CO2-Laser
Bei sehr kleinen, verteilt vorkommenden und sicher gutartigen Hauttumoren sowie bei Cholesterineinlagerungen in den Augenlidern (Xanthelasmen) kann eine Laserbehandlung durchgeführt werden.
Entropium und Ektropium
Definition und Ursachen
Als Entropium bezeichnet man eine Einwärtskippung des Ober- und/oder des Unterlids. Probleme bereiten hier vor allem die Wimpern, welche durch die Einwärtskehrung Kontakt zur Augenoberfläche bekommen.
Ein Ektropium beschreibt eine Auswärtskehrung des Ober- und/oder des Unterlids. Störend für den Patienten ist hier das Tränenlaufen (Epiphora), da das Tränenpünktchen nicht mehr in den Tränensee eintaucht. Somit können die Tränen nicht mehr zur Nase abtransportiert werden und laufen außen über die Wange ab.
Ursachen für beide Formen der Lidfehlstellung sind meist erworben. Eine altersbedingte, horizontale Erschlaffung der Lidspannung (Lidlaxizität) gehört zu den häufigsten erworbenen Ursachen. Ebenso mechanische Ursachen, wie Zug durch Narben oder Neubildungen können zu einem Entropium oder Ektropium führen.
Therapie
Die Therapie ist chirurgisch. Sowohl bei Entropium als auch Ektropium gilt es, eine normale horizontale Lidspannung wiederherzustellen. Falls vorhanden, werden zunächst störende Narben gelöst und entfernt. Sodann wird das Lid wieder am äußeren Lidwinkel an der Orbitakante befestigt (temporale Lidbandplastik).
Liegt ein ausgeprägtes Entropium vor, so kann es notwendig sein, die Innenseite des Lids mittels eines Transplantates von Lederhaut (Sklera) eines Spenders (allogen) zu verlängern.
Bei narbenbedingtem Ektropium kann zusätzlich das Einsetzen eines körpereigenen (autolog) Hauttransplantates vom Oberlid oder der Ohrregion notwendig sein.
Lidretraktion (zurückbleibendes Lid)
Definition und Ursachen
Als Lidretraktion bezeichnet man ein zurückbleibendes Ober- oder Unterlid. In Folge ist das Lid funktionell zu kurz und der Lidschluss inkomplett (Lagophthalmus). Ursachen sind in der Regel erworben. So können Narbenstränge das Lid in seiner Beweglichkeit einschränken und zurückhalten, wie es beispielsweise bei der endokrinen Orbitopathie der Fall ist.
Therapie
Die Beseitigung der kausalen Ursache steht an erster Stelle des therapeutischen Konzepts. Hierzu zählen die Therapie von Entzündungen, eine Narbenlösung und Beseitigung von Tumoren. Erreicht man durch diese Maßnahmen kein ausreichendes Ergebnis, so kann eine Lidverlängerung vorgenommen werden. Am Oberlid geschieht dies durch Durchtrennung aller Oberlidschichten. Alternativ kann in das Oberlid ein genau angepasstes (Gold-/Platin-) Gewicht eingenäht werden, welches das Lid im Sinne der Schwerkraft in aufrechter Kopfhaltung nach unten zieht.
Eine Verlängerung des Unterlides kann durch Einsetzen eines Transplantates (Haut, Mundschleimhaut, Lederhaut) erreicht werden.
Lidkolobom
Definition und Ursachen
Das Lidkolobom ist ein angeborener (kongenitaler) teilweiser oder komplett durchgreifender Ober- oder/und Unterliddefekt. Es entsteht durch eine unvollständige Lidentwicklung. Als Folge kommt es zu einem unzureichenden Lidschluss, bei dem Teile der Binde- und Hornhaut nicht von den Lidern bedeckt sind. Dies kann zu sehbedrohenden Komplikationen führen.
Therapie
Therapeutisch kommt ein operativer Verschluss des Liddefekts in Frage. Der Operationszeitpunkt richtet sich vornehmlich nach Größe des Befunds und somit nach dem Risiko einen bleibenden Hornhautschaden zu entwickeln (Expositionskeratopathie, Ocular Surface Disease (OSD)).
Ptosis („Hängelid“)
Definition und Ursachen
Mit dem umgangssprachlich gebrauchten Begriff „Hängelid“ (Ptosis) bezeichnet man ein zu tief stehendes Oberlid. Normalerweise bedeckt das Oberlid gerade den Rand der Hornhaut. Hängt das Lid tiefer oder verdeckt es die Pupille (optische Achse), dann spricht man von einer Ptosis. Verantwortlich dafür ist der Lidhebe-Apparat (Musculus levator palpebrae und Aponeurose), der seiner Aufgabe nicht (mehr) ausreichend nachkommen kann. Eine Ptosis kann angeboren (kongenitale Ptosis) oder erworben sein.
Bei der angeborenen Ptosis ist der Lidhebermuskel zu schwach angelegt. Bereits bei Geburt oder in der frühen Kindheit fällt ein tiefer stehendes Augenlid ein- oder beidseitig auf. Auch eine syndromale Erkrankung, wie beispielsweise das Blepharophimose-Syndroms, kann mit einer Oberlidptosis einhergehen.
Eine erworbene Ptosis tritt vor allem alterskorreliert (involutiv) durch Erschlaffung des Muskels oder des Bindegewebes (Aponeurose) auf. Andere Ursachen für eine erworbene Ptosis können das langjährige Tragen von Kontaktlinsen, Verletzungen des Lidhebeapparats (aponeurotische Ptosis) oder mechanisch durch entzündliche und tumoröse Schwellungen (mechanische Ptosis) oder Vernarbungen sein. Wird der Lidhebermuskel nicht mehr richtig von seinem Nerven (Nervus oculomotorius, 3. Hirnnerv) versorgt, kann es lähmungsbedingt zu einer neurogene Ptosis komme, z.B. beim Horner-Syndrom.
Auch die Schädigung des Muskels selbst durch krankhafte Prozesse, wie einer Myasthenia gravis, kann eine Ptosis verursachen (myogene Ptosis).
Die bei weitem häufigste Form der Ptosis im Erwachsenalter ist die sich langsam über Jahre entwickelnde aponeurotisch-erworbene Form, die harmlos ist und gut mittels eines operativen Eingriffs korrigiert werden kann.
Was Sie beachten sollten:
Jede über einen kurzen Zeitraum (Stunden bis Tage) sich entwickelnde Ptosis muss kurzfristig augen- und nervenärztlich abgeklärt werden.
Therapie
Die Grenzen zwischen einer rein ästhetischen und einer medizinisch notwendigen Ptosis-Korrektur sind fließend. Einflussgebend für eine medizinische Indikation zur OP ist eine Beeinträchtigung des Gesichtsfelds (nach oben) oder gar die Verdeckung der optischen Achse.
Was Sie beachten sollten:
Eine kongenitale Ptosis im Kleinkindesalter birgt das Risiko, dass sich eine bleibende Schwachsichtgkeit (Amblyopie) auf dem betroffenen Auge entwickelt; deshalb sollte immer frühzeitig eine kinderophthalmologische Untersuchung durchgeführt werden.
Die chirurgische Korrektur kann abhängig von der Funktion des Lidhebeapparats (Levator-Komplex) entweder direkt über eine Verkürzung des Lidhebeapparats (Levatorresektion) oder der Schaffung einer Verbindung zwischen Oberlid und Stirnmuskel (Frontalissuspension) angestrebt werden.
Bei der Levatorchirurgie wird der Muskelansatz (Aponeurose) oder der verkürzte Lidhebemuskel selbst am bindegewebigen, festen Teil des Oberlids (Tarsus) befestigt, um die Lidhebemechanik zu verbessern.
Bei der genannten Frontalissuspension wird der Tarsus über ein Schlingenmaterial mit dem Stirnmuskel (Musculus frontalis) verbunden, sodass mit dem Heben der Stirn die Oberlider geöffnet werden können. Als Schlingenmaterial eignet sich entweder eine Faszie des patienteneigenen Oberschenkels (Fascia lata) oder ein Fremdmaterial.
Welche der beiden Prinzipien geeignet ist, hängt im Wesentlichen von der vorhandenen Aktivität des Lidhebeapparates (Levatorfunktion) ab.
Was Sie beachten sollten:
Für sämtliche OP-Verfahren gilt, dass der Lidschluss durch eine Ptosis-OP verschlechtert wird. Daher sollte nach einer solchen Operation für längerer Zeit nachts Augensalbe auf der operierten Seite angewendet werden. Einzelheiten wird Ihr Operateur mit Ihnen besprechen.
Oberliddermatochalasis („Schlupflid“)
Definition und Ursachen
Als Schlupflid bezeichnet man eine in der Regel erworbene, mit dem Alterungsprozess zunehmende Erschlaffung und Umverteilung von Oberlidgewebe. Überschüssige und lockere Lidhaut bedeckt die Lidfurche und kann den Lidrand mit den Ursprüngen der Wimpern überragen und damit die Lidöffnung verkleinern. Verdickte Haut oder ein Hervortreten (Prolaps) von orbitalem Fett, meist auffälliger im nasalen Lidwinkel, kann zu Schwellungen führen. Nicht selten wird der Eindruck eines sog. Schlupflids durch das Tiefertreten der Augenbrauen (Brauenptosis) mit Absinken des unter den Brauen gelegenen Fettpolsters verstärkt.
Neben kosmetischer Beeinträchtigung („müde Augen“) kann das erschlaffte Gewebe die Oberlider und die Wimpern nach unten drücken (Wimpern-Ptosis) und zu Beschwerden wie Sichteinschränkung oder Ekzemen führen.
Was Sie beachten sollten:
Die Kosten für eine Korrekturoperation werden von den Krankenkassen (GKV, PKV) nur ausnahmsweise und bei Nachweis einer funktionellen Beeinträchtigung übernommen.
Therapie
Die operative Korrektur einer Oberliddermatochalasis erfolgt mittels dosierter Reduktion und/oder Umverteilung von Weichteilgewebe (Haut-, Muskel-, Fettgewebe); dieser Eingriff wird als Blepharoplastik bezeichnet. Die Schnittführung wird dabei in die natürlicherweise vorhandene Lidfurche gelegt, sodass die spätere Narbe kaum zu sehen ist. Operiert werden kann mit Skalpell oder CO2-Laser; beide Vorgehensweisen zeigen vergleichbar gute Langzeitergebnisse. Vorteil des Lasers ist, dass es während der Operation zu einer reduzierten Hämatombildung kommt. Der Eingriff erfolgt meist in Lokalanästhesie. Wie jede Operation birgt auch die Blepharoplastik eine Vielzahl möglicher Komplikationen, von denen eine durch Infektion oder intraorbitale Blutung hervorgerufene Erblindung die schwerwiegendste ist.
Orbitaler Fettprolaps (z.B. „Tränensäcke“)
Definition und Ursachen
Erschlafft mit dem Alter das Bindegewebe der Augenhöhle (Orbita), so kann dieses das dahinterliegende Fettgewebe nicht mehr ausreichend zurückhalten. Es kommt zu einem Hervorwölben der Fettpolster nach vorne (Prolaps). Geschieht dies am Unterlid, so entsteht das Bild von geschwollenen „Tränensäcken“. Ein orbitaler Fettprolaps kann aber ebenso am Oberlid und auch im (äußeren) Lidwinkel auftreten und sichtbar werden.
Therapie
Das Entfernen eines orbitalen Fettprolapses geschieht mittels schneidender Instrumente oder CO2-Laser. Häufig wird dieser kosmetische Schritt im Rahmen einer Blepharoplastik-Operation durchgeführt. Dabei wir ein Teil des vorgewölbten Fettgewebes reduziert oder umverteilt und im Anschluss der Hautschnitt verschlossen.
Lipofilling (Fettauffüllung)
Beim "Lipofilling" wird körpereigenes Fett z.B. von Bauch oder Oberschenkel gewonnen, aufbereitet und unter die Haut eingegeben. Dies kann genutzt werden, um Areale mit altersbedingter Fettatrophie aufzufüllen oder Hautfalten auszugleichen und so ein für den Patienten ästhetisch verbessertes Erscheinungsbild wiederherzustellen.
Laser-Skin-Resurfacing (Laser-Haut-Oberflächenerneuerung)
Beim "Laser-Skin-Resurfacing" wird mit einem CO2-Laser die oberste Hautschicht abgetragen und gleichzeitig das darunterliegende Gewebe durch Verdampfung gestrafft. Somit können kleine Falten um die Augen herum (z.B. „Krähenfüßchen") entfernt werden. Bei diesem Vorgang entstehen in der Regel keine Narben, sodass der Eingriff nach Abfallen der oberflächlichen Hautkrusten weitgehend „unsichtbar“ bleibt.
Die Tränenflüssigkeit dient der Befeuchtung und dem Schutz des Auges. Sie wird kontinuierlich von der Haupttränendrüse sowie den in der Bindehaut gelegenen akzessorischen Tränendrüsen gebildet. Der Abfluss erfolgt über jeweils eine kleine Öffnung am nasenseitig gelegenen Ober- und Unterlid (Tränenpünktchen), die die Tränenflüssigkeit über ein Gangsystem bis in die Nasenhöhle leitet.
Bei Störungen des Abflusssystems kann ein ausgesprochen starkes Tränenträufeln resultieren. Wiederkehrende Entzündungen und Beeinträchtigung der Sicht können die Folge sein.
Die Ursachen für einen gestörten Abfluss der Tränen umfassen Lidfehlstellungen sowie Veränderungen der ableitenden Tränenwege. Verengungen oder sogar vollständige Verschlüsse der Tränenwege können angeboren sein oder sich im Laufe des Lebens durch chronische Entzündungen entwickeln; sehr selten können auch Tumore ein Abflusshindernis darstellen.
Zunächst führen wir eine ausführliche Untersuchung Ihrer Augen und Lider inklusive des Tränenwegesystems durch. Diese beinhaltet in der Regel auch eine Spülung der Tränenwege. Sollte sich eine Störung im ableitenden System der Tränenwege zeigen, kann dies dann durch entsprechende operative Maßnahmen behoben werden. Hier können wir Ihnen ein breites Spektrum unterschiedlicher operativer Maßnahmen anbieten. Diese reichen von einer einfachen Sondierung und Schienung der Tränenwege, meist mit einem Silikonschlauch, bis hin zu der Schaffung einer neuen Verbindung zwischen dem Tränensack und der Nasenhöhle (sogenannte Dakryozystorhinostomie). In naher Zukunft werden wir Ihnen zudem unterstützend als diagnostisches und therapeutisches Mittel die Tränenwegsendoskopie anbieten können.