Als selten gilt eine bösartige Erkrankung, wenn weniger als 6/100.000 Menschen pro Jahr an dieser Tumorerkrankung erkranken. In ihrer Gesamtheit machen seltene Krebserkrankungen hierzulande allerdings 20 bis 25 Prozent aller Tumorerkrankungen aus. Aufgrund ihrer Seltenheit gestaltet sich die Behandlung von Patient*innen mit seltenen Krebserkrankungen komplexer, da entsprechende Erfahrungen und Expertise nicht immer flächendeckend zur Verfügung stehen können. Dementsprechend schwierig kann es für die behandelnden Ärzte sein, zeitnah alle notwendigen diagnostischen und therapeutischen Schritte in die Wege zu leiten, gegebenenfalls den Einschluss in eine klinische Studie zu prüfen und gleichzeitig eine möglichst heimatnahe Versorgung zu ermöglichen.
Mit dem Ziel, Patient*innen mit einer seltenen oder fortgeschrittenen Krebserkrankung einen schnelleren Zugang zu einer optimalen Diagnostik und Therapie unter Einbeziehung von Patientenpräferenzen und aller am Versorgungsprozess beteiligte Fachgruppen im Sinne des 'Shared Decision Making' zu ermöglichen, hat das CCC MünchenLMU gemeinsam mit der AOK Bayern und der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns die Versorgungsform
„TARGET - Transsektorales personalisiertes Versorgungskonzept für Patienten mit seltenen und fortgeschrittenen Krebserkrankungen" ins Leben gerufen. Wissenschaftlich evaluiert wird das Projekt von Frau Prof. A. Steckelberg, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, und Prof. O. Schöffski von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
Im Zentrum steht der Aufbau eines Netzwerks zwischen dem CCC MünchenLMU und den niedergelassenen Fachärzten für Hämatologie/Onkologie in Südbayern. Dieses Netzwerk nutzt Möglichkeiten der Digitalisierung, um die Versorgung durch Kommunikations-, Diagnose-, Behandlungs- und Nachsorgeabläufe, zum Beispiel durch den aktuellen Austausch von behandlungsrelevanten Informationen, gemeinsamen Tumorboards effizient zu strukturieren und patientenorientiert zu optimieren. Patient*innen, die an diesem Programm teilnehmen, werden in Bezug auf Shared Decision Making geschult und haben Zugriff auf psychoonkologische Unterstützung. Somit sollen Patient*innen in Hinblick auf die Einbeziehung und Akzeptanz von Therapieplanung / -entscheidungen gestärkt werden.
„Auf diese Weise soll gewährleistet werden, dass die Patient*innen eine bedarfsgerechte, qualitätsorientierte und personalisierte Versorgung erhalten», erläutert der Direktor des CCC MünchenLMU Prof. Dr. Volker Heinemann, der das Projekt gemeinsam mit PD Dr. Karin Berger-Thürmel (Medizinische Klinik III) und Dr. Benedikt Westphalen (CCC MünchenLMU und Medizinische Klinik III) als Konsortialführer leitet.
PD Dr. Berger-Thürmel weist darauf hin, dass TARGET Voraussetzungen, die mit einer innovativen, flächendeckenden onkologischen Versorgung erfüllt sein sollten, aufgreift und erprobt, um evidenzbasiert Strukturen des Gesundheitssystems und den Ressourceneinsatz, unter Beachtung von Patientenpräferenzen optimieren, zu können.
„Letztlich hoffen wir, dass die Erkenntnisse, die wir aus der Erprobung der neuen Versorgungsform TARGET speziell für Patient*innen mit seltenen oder fortgeschrittenen Krebserkrankungen gewinnen werden, auch für andere komplexe Erkrankungssituationen herangezogen werden und zu einer Verbesserung patientenrelevanter Outcomes führen können“, betont Dr. Westphalen.