Leberlebendspende – Informationen für Patientinnen, Patienten und Angehörige
Ziel dieser Informationsseite
Diese Informationsseite richtet sich an Patientinnen und Patienten, deren Angehörige sowie an Menschen, die sich grundsätzlich vorstellen können, als Lebendspenderin oder Lebendspender zur Verfügung zu stehen. Ziel ist es, in verständlicher Sprache über die Möglichkeiten, den Ablauf sowie die Chancen und Risiken einer Leberlebendspende zu informieren und eine gute Grundlage für eine freie und gut überlegte Entscheidung zu schaffen.
Bei einer Leberlebendspende wird ein genau festgelegter Teil der Leber eines gesunden Menschen entnommen und einer schwer leberkranken Patientin oder einem Patienten transplantiert. Die Leber hat die besondere Fähigkeit, wieder nachzuwachsen. Dadurch kann sich sowohl die verbleibende Leber der spendenden Person als auch das transplantierte Lebergewebe bei der empfangenden Person im Verlauf der Zeit erholen.
Eine Leberlebendspende wird in der Regel dann in Betracht gezogen, wenn kein geeignetes Organ von einer verstorbenen Person rechtzeitig zur Verfügung steht oder wenn sich durch die Lebendspende besondere medizinische Vorteile ergeben.
Wichtig: Die Lebendspende ist immer nachrangig zur postmortalen Organspende. Sie stellt also keine Konkurrenz, sondern eine ergänzende Möglichkeit dar.
Eine Leberlebendspende kann unter anderem bei folgenden Erkrankungen sinnvoll sein:
– fortgeschrittene Lebererkrankungen wie eine Leberzirrhose
– akutes Leberversagen
– bestimmte angeborene Lebererkrankungen
– ausgewählte Lebertumoren unter klar festgelegten medizinischen Voraussetzungen
Die Eignung für eine Transplantation wird immer individuell und in einem erfahrenen Ärzteteam geprüft.
Sonderfall: RAPID-MUC-Studie
Bei nicht operativ entfernbaren kolorektalen Lebermetastasen bieten wir im Rahmen der klinischen Studie RAPID-MUC eine besondere zweizeitige Lebertransplantation mit einem links seitigen Lebersegment an. Dieses Verfahren kommt nur für streng ausgewählte Patientinnen und Patienten infrage.
Als mögliche Spenderinnen und Spender kommen in der Regel gesunde Erwachsene infrage, die:
– körperlich und seelisch belastbar sind
– eine passende Blutgruppe haben
– freiwillig und ohne äußeren Druck entscheiden
– in einer engen persönlichen Beziehung zur empfangenden Person stehen (gesetzliche Vorgabe)
– älter als 25 Jahre sind
Das Mindestalter von über 25 Jahren dient dem Schutz der spendenden Person. In diesem Alter gilt die Entwicklung des Gehirns – insbesondere in den Bereichen für Risikoeinschätzung, Impulskontrolle und langfristige Entscheidungen – als abgeschlossen.
Zu den notwendigen Untersuchungen gehören unter anderem:
– Blutuntersuchungen
– bildgebende Verfahren wie CT oder MRT
– Herzuntersuchungen
– psychosoziale Gespräche
Das Lebertransplantationsprogramm des LMU Klinikums Großhadern verfügt über langjährige Erfahrung in der Leberlebendspende bei Kindern und Erwachsenen. Alle Eingriffe werden von spezialisierten und interdisziplinären Teams begleitet.
1. Gemeinsames Informationsgespräch
Zu Beginn findet immer ein gemeinsames Gespräch mit Spenderin bzw. Spender und Empfängerin bzw. Empfänger statt. Der Ablauf, mögliche Risiken und der rechtliche Rahmen werden ausführlich erklärt.
Besteht bereits ein konkreter Spenderwille, werden bei diesem Termin:
– die Blutgruppe bestimmt
– erste Leberblutwerte abgenommen
Die spendewillige Person wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie sich selbstständig und aktiv zur weiteren Abklärung melden muss.
2. Ambulante Bildgebung
Bei weiter bestehendem Spenderwunsch erfolgen:
– ein triphasisches Angio CT
– eine MRCP zur Darstellung der Gallenwege
Dabei wird die Leber genau vermessen.
3. Stationäre medizinische Abklärung
Bei geeigneter Anatomie folgt ein kurzer stationärer Aufenthalt in der Medizinischen Klinik II zur vollständigen internistischen Abklärung.
4. Interdisziplinäre Fallbesprechung
Die Ergebnisse werden in der Transplantationskonferenz besprochen. Zusätzlich erfolgt eine unabhängige psychosoziale Begutachtung.
5. Ethikkommission
Anschließend wird der Fall der Lebendspende Ethikkommission vorgestellt.
6. Abschlussgespräch und OP Termin
Nach Freigabe findet ein Abschlussgespräch statt und der Operationstermin wird festgelegt.
Bei der Leberlebendspende finden immer zwei Operationen zeitgleich in benachbarten Operationssälen statt: eine bei der spendenden Person und eine bei der empfangenden Person. Beide Eingriffe werden von erfahrenen, spezialisierten OP Teams durchgeführt und sind exakt aufeinander abgestimmt.
Entnahmeoperation bei der spendenden Person
Die Operation beginnt mit einem bogenförmigen Schnitt im Oberbauch. Nach sorgfältiger Darstellung der Leber werden die Blutgefäße und Gallengänge exakt freigelegt. Abhängig davon, welcher Teil der Leber benötigt wird, unterscheidet man verschiedene Operationsmethoden:
1. Links laterale Spende (meist bei Kindern)
Hierbei werden die Segmente II und III der Leber entnommen. Dies ist der kleinste entnehmbare Leberanteil. Die verbleibende Leber ist in der Regel deutlich groß genug, um die volle Funktion schnell wieder zu übernehmen. Diese Methode ist für die Spenderin oder den Spender mit dem vergleichsweise geringsten Risiko verbunden.
2. Linke Leber (bei ausgewählten Erwachsenen)
Hier wird der linke Leberlappen entnommen. Diese Variante kommt nur infrage, wenn die Empfängerin oder der Empfänger sehr klein oder leicht ist und das Lebervolumen ausreicht.
3. Rechte Leber (Standard bei erwachsenen Empfängern)
Bei den meisten erwachsenen Empfängerinnen und Empfängern ist die Entnahme des rechten Leberlappens notwendig, da dieser den größten Anteil der Leberfunktion liefert. Diese Operation ist technisch anspruchsvoller und mit einer höheren körperlichen Belastung für die spendende Person verbunden.
Nach der Entnahme wird die Leberdurchblutung der verbleibenden Restleber sofort wieder vollständig hergestellt. Die Leber beginnt direkt nach der Operation mit der Regeneration. Der Krankenhausaufenthalt der spendenden Person beträgt in der Regel etwa 10–14 Tage.
Transplantationsoperation bei der empfangenden Person
Parallel zur Entnahmeoperation wird bei der empfangenden Person die erkrankte Leber entfernt. Anschließend wird das entnommene Lebersegment eingesetzt. Die Blutgefäße (Leberarterie, Pfortader, Lebervenen) sowie die Gallengänge werden mikrochirurgisch wieder angeschlossen. Sobald die Durchblutung hergestellt ist, beginnt das Transplantat unmittelbar mit seiner Funktion.
Die Dauer der Transplantationsoperation beträgt – je nach Schwierigkeit – mehrere Stunden. Nach der Operation erfolgt zunächst die Überwachung auf der Intensivstation.
Besonderes Operationsverfahren: RAPID Konzept
Bei ausgewählten Patientinnen und Patienten mit nicht operativ entfernbaren kolorektalen Lebermetastasen kommt im Rahmen der RAPID MUC Studie ein besonderes zweizeitiges Operationsverfahren zum Einsatz:
– In einem ersten Schritt wird ein kleines links laterales Lebersegment transplantiert.
– Gleichzeitig wird ein Großteil der erkrankten Leber entfernt.
– Nach dem Anwachsen und der Vergrößerung (Regeneration) des Transplantats wird in einem zweiten Schritt das verbliebene Lebergewebe entfernt.
Dieses Verfahren ist hochspezialisiert und nur in streng ausgewählten Fällen möglich.
– Verkürzung der Wartezeit
– planbare Operation
– häufig gute kurzfristige Organfunktion
Für die spendende Person
– Blutungen
– Infektionen
– Gallenkomplikationen
– Thrombosen
– sehr selten lebensbedrohliche Komplikationen
Für die empfangende Person
– Abstoßungsreaktionen
– Infektionen durch Immunsuppression
– Gefäß oder Gallenkomplikationen
Die Lebendspende ist in Deutschland streng gesetzlich geregelt, freiwillig und unentgeltlich.
Alle Spenderinnen und Spender können sich zusätzlich von einer unabhängigen Vertrauensperson (Donor Advocate) beraten lassen.
Ein Rücktritt von der Spende ist jederzeit bis unmittelbar vor der Operation ohne Angabe von Gründen möglich.
Wohnsitz im Eurotransplant Raum
Eine Leberlebendspende ist nur für Patientinnen und Patienten mit dauerhaftem Wohnsitz im Eurotransplant Raum möglich.
Nachsorge und Langzeitbetreuung
Spenderinnen und Spender werden regelmäßig nachkontrolliert. Die Erholung dauert meist mehrere Wochen bis Monate.
Die Leberlebendspende kann Leben retten, ist aber ein großer medizinischer Eingriff mit echten Risiken. Eine ausführliche Aufklärung und eine freie, gut überlegte Entscheidung sind daher unverzichtbar.
Ärztlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. med. Markus Guba
Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie
Terminvereinbarung:
Frau Macke
Transplantationszentrum München
Telefon: 089 4400 73978
E-Mail: Franziska.macke@med.uni-muenchen.de