„Wir haben zum Beispiel herausgefunden, dass die bei DCM beobachtete Fibrose – also das abnormale Wachstum von Bindegewebe im Herzen – nicht durch eine erhöhte Anzahl von Fibroblasten im Herzen verursacht wird“, sagt Dr. Matthias Heinig. „Die Anzahl dieser Zellen bleibt gleich. Aber die vorhandenen Zellen werden aktiver und produzieren mehr extrazelluläre Matrix, die den Raum zwischen den Bindegewebszellen ausfüllt“, ergänzt Eric Lindberg. Anstelle einer zahlenmäßigen Zunahme fibrotischer Zellen beobachteten die Forscher daher einen Anstieg des Anteils der Zellsubtypen, die auf die Produktion extrazellulärer Matrix spezialisiert sind.
„Besonders ausgeprägt war das Phänomen bei den Herzen von Patienten mit einem mutierten RBM20-Gen“, erklärt Dr. Henrike Maatz. Diese Beobachtung spiegelte sich auch in der Krankengeschichte der Patientinnen und Patienten wider: Im Durchschnitt zeigte sich bei Patienten mit dieser spezifischen Mutation bereits im jüngeren Alter eine Herzschwäche, auch war eine Herztransplantation im Vergleich zu Patienten mit anderen genetischen Formen der DCM früher nötig. Die Einzelzellsequenzierung dieser erkrankten Herzen offenbarte eine ganze Reihe solcher Genotyp-spezifischer Unterschiede.
Die Analyse zeigte auch, dass im Herzen von Menschen mit arrhythmogenen Kardiomyopathien (ACM), also jenen, bei denen gefährliche Herzrhythmusstörungen auftreten können, Muskelzellen zunehmend durch Fett- und Bindegewebszellen ersetzt werden, insbesondere in der rechten Herzkammer. Obwohl diese Form der Kardiomyopathie auch durch eine Mutation in mehreren Genen verursacht werden kann, konzentrierte sich das Team bei der Analyse auf das Gen für das Protein Plakophilin-2, kurz PKP2. Sie verglichen Zellsignalwege von Zellen, die aus der rechten und linken Herzkammer gewonnen wurden. Die Ergebnisse identifizieren die Ursache für die erhöhte Zellfettproduktion im Herzmuskel von Menschen mit dieser Art von Kardiomyopathie.
„Die Messung der präzisen molekularen Signaturen ermöglichte es uns, Kommunikationswege zwischen den einzelnen Zelltypen im Herzen vorherzusagen“, sagt Dr. Michela Noseda. Die verschiedenen genetischen Ursachen von Kardiomyopathien sind mit spezifischen Abweichungen der zellulären Kommunikationsnetzwerke assoziiert worden. „Dies ist ein klarer Beweis für bestimmte Mechanismen, die die Herzmuskelerkrankung antreiben.“
Schließlich nutzten die Wissenschaftler künstliche Intelligenz, um - auf den spezifischen Mustern molekularer Veränderungen basierend - mit hoher Zuverlässigkeit vorherzusagen, welche Mutation vorliegt. Eine zusätzliche Bestätigung dafür, dass die Unterschiede in der Zell- und Genaktivierung mit unterschiedlichen pathogenen Varianten bestimmter Gene assoziiert sind.