Borderline
„Ich fühle mich wie in einem schnell rasenden Zug, in dem ich die Notbremse nicht finde“, so beschreibt eine Borderline-Patientin ihre Gefühlslage.
Starke innere Spannungen, intensive Gefühle oder das Gefühl, sich selbst nicht zu spüren – all das kann Ausdruck einer Borderline-Persönlichkeitsstörung sein. Die Erkrankung betrifft vor allem junge Menschen und geht mit instabilen Emotionen, Beziehungen und einem unsicheren Selbstbild einher.
Für die Betroffenen bedeutet das oft ein Leben zwischen Extremen – und große seelische Belastung. Ohne Unterstützung kann sich die Störung chronifizieren.
Die gute Nachricht: Auch wenn der Weg nicht immer leicht ist – die Borderline-Persönlichkeitsstörung ist gut behandelbar. Mit spezialisierter Psychotherapie lässt sich viel erreichen.
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Wie äußert sich eine Borderline-Persönlichkeitsstörung?
Die Borderline-Persönlichkeitsstörung äußert sich durch eine Vielzahl möglicher Symptome – sie müssen nicht alle gleichzeitig ode rbei jeder*m Betroffenen auftreten. Kennzeichnend sind starke emotionale Schwankungen, ein instabiles Selbstbild und Schwierigkeiten in Beziehungen zu anderen Menschen. Häufige Symptome sind:
- Ausgeprägte Stimmungsschwankungen und Wutausbrüche
- Ein chronisches Gefühl innerer Leere
- Ein schwankendes oder unsicheres Selbstbild – das Gefühl, nicht zu wissen, wer man ist oder was man will
- Intensive Angst vor dem Alleinsein – verbunden mit großem Bemühen, Verlassenwerden zu vermeiden
- Ein starkes Schwarz-Weiß-Denken in Beziehungen – Menschen werden entweder idealisiert oder stark abgewertet
- Starke innere Anspannung – die mitunter durch Selbstverletzungen (z. B. Ritzen) kurzfristig gelindert wird
- Anderes selbstschädigendes Verhalten – etwa in Form von Substanzkonsum, unkontrolliertem Essverhalten, riskantem Sexualverhalten oder übermäßiger körperlicher Belastung
- Wiederkehrende Suizidgedanken oder -versuche
- Probleme, die eigenen Gedanken und Gefühle realistisch einzuordnen – manchmal fühlt sich alles bedrohlich oder unecht an
Diese Symptome können sehr belastend sein – für die Betroffenen und auch für ihr Umfeld. Wichtig zu wissen: Es gibt spezialisierte psychotherapeutische Behandlungsangebote, die helfen können, wieder mehr Stabilität und Lebensqualität zu gewinnen.
- Ausgeprägte Stimmungsschwankungen und Wutausbrüche
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Wie entsteht eine Borderline Persönlichkeitsstörung?
Die Entstehung der Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) ist komplex – ein einzelner Auslöser lässt sich meist nicht benennen. Heute geht man von einem Zusammenspiel verschiedener biologischer, psychologischer und sozialer Faktoren aus.
Eine genetische Veranlagung kann die emotionale Empfindsamkeit und Reizbarkeit erhöhen. In Verbindung mit belastenden Erfahrungen – etwa in der frühen Kindheit – kann sich daraus ein erhöhtes Risiko für eine BPS entwickeln.
Viele Betroffene berichten von Erfahrungen in der Kindheit, in denen sie sich emotional nicht sicher oder gesehen gefühlt haben. Auch emotionale Vernachlässigung, unberechenbares oder überforderndes Erziehungsverhalten oder traumatische Erlebnisse wie Missbrauch oder Gewalt können eine Rolle spielen.
Entscheidend ist: Nicht jedes Kind mit schwierigen Erfahrungen entwickelt eine Borderline-Störung – und umgekehrt kann sie auch ohne klar erkennbare Auslöser entstehen. Schutzfaktoren wie stabile Bezugspersonen oder eine frühe therapeutische Unterstützung können einen positiven Unterschied machen.
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Wie wird eine Borderline-Persönlichkeitsstörung festgestellt?
Ob tatsächlich eine Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) vorliegt, kann nur durch ein professionelles Gespräch mit einer Fachperson festgestellt werden. Im Mittelpunkt steht dabei die sogenannte Anamnese – das ärztliche oder psychotherapeutische Gespräch, in dem wir Ihre Beschwerden, deren Verlauf und die Auswirkungen auf Ihr Leben gemeinsam betrachten.
Bei entsprechender Verdachtsdiagnose kommen zusätzlich strukturierte Interviews und wissenschaftlich geprüfte Fragebögen zum Einsatz, um die Symptome systematisch zu erfassen. Häufig verwendet werden unter anderem:
- das Strukturierte Klinische Interview nach DSM-5 (SCID-5-PD)
- die Borderline-Symptomliste (BSL)
Darüber hinaus ist es hilfreich, Sie über einige Tage auch im Alltag auf der Station kennenzulernen, etwa im Kontakt mit anderen, in schwierigen Situationen oder in Gesprächen. So ergibt sich ein umfassenderes Bild.
Medizinische Untersuchungen sind in der Regel nicht Bestandteil der Routinediagnostik bei einer BPS. Sie werden nur dann empfohlen, wenn konkrete Hinweise auf eine andere psychische oder körperliche Ursache vorliegen (z. B. Schilddrüsenerkrankung, neurologische Störung). In diesen Fällen können je nach Bedarf zum Beispiel folgende Untersuchungen erfolgen:
- Basislabor (z. B. Blutbild, Schilddrüsenwerte)
- EKG vor Beginn einer medikamentösen Behandlung
- EEG oder Bildgebung (z. B. MRT) bei Verdacht auf eine neurologische Erkrankung
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Wie wird die Borderline-Persönlichkeitsstörung behandelt?
Die Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung erfolgt individuell – je nach Beschwerden, Lebenssituation und Therapiezielen. Laut der aktuellen Behandlungsleitlinie steht dabei eine strukturierte, störungsspezifische Psychotherapie im Mittelpunkt. Ziel ist es, den Umgang mit Gefühlen zu verbessern, Beziehungen stabiler zu gestalten und mehr Selbstsicherheit zu gewinnen.
Wirksame Therapieelemente sind:
- Psychoedukation – verständliche Information zur Erkrankung
- Spezialisierte Psychotherapie, z. B.
- Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT)
- Mentalisierungsbasierte Therapie (MBT)
- Schematherapie
- Einzel- und Gruppensettings, ggf. ergänzt durch Skillstraining
- Begleitangebote, z. B. Ergotherapie oder Bewegungstherapie
- Medikamente nur in begründeten Einzelfällen oder bei zusätzlicher Erkrankung
- Unterstützung für Angehörige und sozialdienstliche Beratung
Auch wenn die Therapie Zeit braucht: Mit fachkundiger Hilfe ist eine spürbare Verbesserung möglich.
Unsere stationären Angebote
Der Schwerpunkt unserer Station B3 liegt auf der Behandlung von Patient*innen mit Persönlichkeitsstörung, insbesondere einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung (Borderline). Wir arbeiten nach dem Ansatz der Dialektisch Behavioralen Therapie (DBT) nach Marsha Linehan, die in drei Behandlungspfaden zur Anwendung kommt:
Behandlungspfad 1 - Krisenintervention
Geeignet für:
- Patient*innen mit Verdacht auf oder Diagnose einer Borderline-Störung
- Ohne vorherige Teilnahme an einem DBT-Programm oder einer ambulanten DBT Therapie
- Bei denen eine ambulante Behandlung aufgrund schwerer Symptome oder Funktionseinschränkungen im Alltag nicht möglich ist
Ziele und Inhalte:
- Behandlung akuter Symptome durch Vermittlung erster DBT-Strategien und Instrumente (Selbstbeobachtung, Stabilisierung, Stressbewältigung)
- Psychosoziale Beratung und Klärung der weiteren ambulanten Behandlung
Zeitrahmen:
- 2 - 4 Wochen
Anmeldung:
Behandlungspfad 2 - DBT-Intensiv
Geeignet für:
- Patient*innen mit einer diagnostizierten Borderline-Störung
- Voraussetzung: Teilnahme an einem Vorgespräch
Inhalte:
- Umfassendes stationäres DBT-Programm (ausführliche Informationen siehe weiter unten)
- Intensive psychotherapeutische Arbeit
- Teilnahme an Skills-Gruppen, Einzelpsychotherapie, Bezugspflegegespräche, Psychoedukationsgruppe, Achtsamkeitsgruppe, Ergotherapie, Kunsttherapie und Bewegungstherapie
- Für Patient*innen die bereits an einem längeren DBT-Programm teilgenommen haben und die ihr Wissen und ihre Fähigkeiten wiederauffrischen wollen bieten wir zusätzlich einen fünfwöchigen DBT-Refresher an
Zeitrahmen:
- 10 Wochen
- Aufgrund begrenzter Kapazität ist DBT-Intensiv mit einer mehrwöchigen Wartezeit verbunden
Anmeldung:
Behandlungspfad 3 - Krisenintervention für DBT-Erfahrene
Geeignet für:
- Patient*innen mit einer bekannten Borderline-Störung und
- Vorheriger Teilnahme an einem DBT-Programm oder einer ambulanten DBT Therapie
Inhalte:
- Krisenintervention mit Fokus auf das Lösen akuter Probleme
- Analyse der aktuellen Situation
- Gezielte Skillsanwendung zur Stabilisierung und Krisenbewältigung
Zeitrahmen:
- 1 - 3 Wochen
Anmeldung:
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Wir suchen Studienteilnehmer*innen
Als Universitätsklinik möchten wir im Rahmen nationaler und internationaler Forschungsprojekte die Entstehung und den Langzeitverlauf der Borderline-Persönlichkeitsstörung besser verstehen und neue therapeutische Behandlungsmöglichkeiten entwickeln.
Fortschritte in der Wissenschaft sind ohne die Teilnahme von engagierten Patient:innen nicht möglich! Für viele bietet eine Studienteilnahme die Chance, schnell Zugang zu innovativen Behandlungen zu erhalten, die in der Regelversorgung noch nicht verfügbar sind.
Falls bei Ihnen aktuell eine depressive Episode im Vordergrund steht, könnte auch eine unserer Studien für Menschen mit Depression für Sie geeignet sein. Weitere Infos finden Sie hier.